„Nur wer die Natur kennt, wird sie schützen“, hat der berühmte Tierfilmer Heinz Sielmann gesagt. Dies könnte auch das Leitmotiv von „Hexapoda“ sein.
Auch in diesem Sommer richteten viele Kinder in Gärten oder Parkanlagen ihr Handy auf eine Blüte bei ihrer Suche nach Insekten. Insekten werden aufgrund ihrer sechs Beine auch als Hexapoda bezeichnet (griech. hex: sechs; pódia: Füße). Jeden Monat, von Mai bis September, zehn verschiedene Insekten fotografieren und die Bilder über die Schule auf „Teams“ hochladen, das war die Aufgabe. „Ich weiß nicht, wo ich so viele Insekten finden soll“, schrieb ein Mädchen aus der 5. Klasse in die Gruppe, dazu ein Emoji mit sorgenvollem Gesichtsausdruck; eine gute Beschreibung der Situation. Der Rückgang der Sechsbeiner ist dramatisch, sowohl was die Masse als auch was die Vielfalt angeht. Aber es gibt noch welche, wenn man genau hinschaut.
Den Wettbewerb „Hexapoda“ gibt es seit 2022. Er richtete sich zunächst an den 5. Jahrgang, doch mittlerweile beteiligen sich auch höhere Jahrgänge, zahlreiche Kinder schon zum dritten Mal. Monika Waldhelm, ehemals Biologielehrerin an der Marienschule und NABU-Mitglied, hat ihn ins Leben gerufen und betreut ihn seitdem in ihrer Freizeit. Zu jedem eingereichten Foto schreibt sie einen kurzen Kommentar, in dem die Bedeutung des jeweiligen Tiers dargelegt wird. Am Ende gibt es Preise, die der NABU Bielefeld stiftet, und Urkunden für die Zeugnismappe. „Der Wettbewerb hilft den Schülerinnen und Schülern bei der Ausbildung eines ökologischen Bewusstseins und schult sie darin, genau hinzuschauen und ein Gespür für die Zusammenhänge und die Vielfalt in unserer Natur zu entwickeln“, sagt die neue Leiterin der Marienschule, Nina Papajewski. Und der Co-Vorsitzende des NABU Bielefeld, Jürgen Albrecht, meint: „Es wäre schön, wenn auch andere Schulen mitmachen würden. Das Engagement der Kinder ist beeindruckend.“
Wer Insekten zum ersten Mal aus der Nähe sieht, staunt nicht selten über die zarten Strukturen und prächtigen Farben. Egal ob man eine Heuschrecke, einen Käfer, eine Fliege oder einen Schmetterling „unter die Lupe“ nimmt, es offenbart sich eine neue Welt. Und Goethe fand: „Die Flöhe und die Wanzen gehören auch zum Ganzen.“ Im Ökosystem hat jede Art ihre spezifische Bedeutung. Jede verschwundene Art hinterlässt eine Lücke, deren Auswirkungen kaum absehbar sind.
„Früher habe ich auf Insekten nicht so geachtet. Klar, habe ich mich über einen Schmetterling im Garten gefreut oder einer Biene beim Nektar sammeln zugeschaut. Doch dass es noch so viele andere Insekten gibt und wie wunderbar und wichtig sie sind, habe ich erst beim Wettbewerb gemerkt“, sagt Lynn aus der 8. Klasse. „Jetzt sehe ich viel mehr und freue mich über jedes Insekt, das ich finde und fotografieren kann, auch als Erinnerung an den schönen Moment.“
Die Ursachen für den Insektenrückgang sind systembedingt, vielfältig und miteinander verwoben. Dem Fotowettbewerb liegt folgende Idee zugrunde: Je mehr Menschen sich für Insekten interessieren und über deren Lebensweise Bescheid wissen, desto größer ist die Chance, dass Politik und Landwirtschaft den verhängnisvollen Trend stoppen. Derweil kann jede*r etwas für die Sechsbeiner tun, indem man zum Beispiel den Garten oder Balkon naturnah gestalten und beim Kauf von Lebensmitteln auf Herkunft und Produktionsweise achten.
Weitere Informationen bei Monika Waldhelm, unter waldhelm@marienschule-bielefeld.online und beim NABU Bielefeld (Dr. Jürgen Albrecht) unter kontakt@nabu-bielefeld.de.
Fotos von Teilnehmer*innen des diesjährigen Hexapoda-Wettbewerbs (11-13 Jahre)
Wie bereits im Vorjahr sind auch dieses Jahr wieder zahlreiche Schülerinnen und Schüler der Marienschule Bielefeld den Sommer über durch Waldstücke, Gärten und Parkanlagen geschlichen, mit dem Handy in der Hand auf der Suche nach Insekten und den besten Fotomotiven. Sechs Beine (!) sollten die Tierchen haben, denn nur dann sind es Insekten. Kaum zu glauben, was Bielefeld alles zu bieten hat!
An die tausend Bilder kamen zusammen, darunter verschiedenste Käfer, Fliegen, Bienen, Wespen, Heuschrecken, Zikaden, diverse Libellenarten, Ohrwürmer, Wanzen, Skorpionsfliegen, auch flügellose Ur-Insekten, Raupen und natürlich Schmetterlinge. Die Aufgabe war, jeden Monat, von Mai bis September, zehn verschiedene Insekten zu fotografieren und die Fotos auf der Internetplattform MS Teams hochzuladen, mit Angabe des Ortes und der Fundumstände, vielleicht sogar mit dem Namen des jeweiligen Insekts.Monika Waldhelm, die als ehemalige Biologielehrerin der Marienschule den Wettbewerb ins Leben gerufen hat und leitet, hat die Fotos regelmäßig begutachtet und den Schüler:innen erklärt, welche Bedeutung die einzelnen Insekten im Ökosystem haben.
Sich auf der gemeinsamen Abschlussveranstaltung, auf der auch Jürgen Albrecht für den NABU Bielefeld sowie der Schulleiter der Marienschule, Günter Kunert, zugegen war, die Fotos anzuschauen, war nicht nur ein ästhetischer Genuss, sondern zeugte von dem großen Engagement der Mädchen und Jungen, von ihrer Begeisterung für die Natur – und nicht zuletzt von der noch immer recht großen Artenvielfalt im Raum Bielefeld. Es lohnt sich also, Balkons, private Gärten und öffentliche Flächen so zu gestalten, dass Insekten genug Nahrung finden und sich fortpflanzen können – zur Freude aller!
Wenn sich weitere Schulen an dem Wettbewerb beteiligen möchten, gibt Monika Waldhelm gern Auskunft und Tipps für die praktische Umsetzung: monika.waldhelm@t-online.de. Der Wettbewerb Hexapoda wird vom NABU Bielefeld unterstützt.
Die erfolgreichen Teilnehmer:innen mit Preisen, die der NABU gestiftet hat. Fotos: M. Waldhelm
Von Monika Waldhelm, im Dezember 2022
Pünktlich zum Beginn der UN-Artenschutz-Konferenz im kanadischen Montreal am 7. Dezember 2022 fand an der Marienschule Bielefeld die Abschlussveranstaltung zum Insekten-Wettbewerb „Hexapoda“ statt. Die Idee zu diesem Wettbewerb hatte Monika Waldhelm, Biologielehrerin und Beiratsmitglied im NABU Bielefeld.
Die Schülerinnen und Schüler der 5. Klassen waren dazu aufgerufen, von April bis September jeden Monat zehn verschiedene Insekten zu fotografieren. Ob mit Smartphone oder klassischem Fotoapparat – es ging nicht darum, wer das teuerste Handy hat und die besten Fotos machen kann. Das Ziel war, die Insekten in der Umgebung überhaupt wahrzunehmen, sie zu entdecken, zu beobachten und kennenzulernen. Viele Menschen denken beim Wort Insekten hauptsächlich an Fliegen, Mücken und Wespen – mit eher unangenehmen Gefühlen. Dabei sind die allermeisten Insekten ungefährlich und richten nicht mal in der Landwirtschaft nennenswerte Schäden an. Im Gegenteil: Sie bestäuben unsere Obstbäume, vernichten auf natürliche Weise potenzielle Schädlinge von Nutzpflanzen und helfen beim Abbau von Pflanzen- und Tierresten. Hinzu kommt, dass Insekten überaus schön sind, wenn man sie nur genau genug und vorurteilsfrei betrachtet.
Nach einer theoretischen und praktischen Einführung in der Schule arbeiteten die Kleingruppen aus jeweils bis zu vier Schülerinnen/Schülern völlig selbstständig. Die Kinder lernten schnell, wo sie fündig werden konnten, und später auch, welche Arten wo zu finden wären. Da Insekten bekanntermaßen meist nicht lange stillsitzen, war es unerlässlich, deren Verhalten zu beobachten, um dann den richtigen Moment für das Foto abzupassen. Die Fotos wurden am Ende jedes Monats, mit Angaben zu den Fundumständen, über die schulinterne Plattform „Microsoft Teams“ hochgeladen. Die abgebildeten Tiere wurden von Monika Waldhelm bestimmt und mit Kommentaren versehen. So lernten die Kinder deren Namen, und was an der jeweiligen Insektenart besonders ist, worin ihre ökologische Bedeutung liegt.
Am Ende waren es Hunderte von Fotos, mit vielen unterschiedlichen Insektenarten, fast alle aus dem Raum Bielefeld. Eine Auswahl davon wurde bei der Abschlussveranstaltung präsentiert. Der Schulleiter Günter Kunert sowie der Vorsitzende des NABU Bielefeld, Dr. Jürgen Albrecht, zeigte sich beeindruckt von der Ästhetik der Bilder, dem großen Engagement und der Leistung der jungen Insektenforscher. Jürgen Albrecht betonte, wie wichtig Bestandsaufnahmen und fundierte Kenntnisse seien, um Arten effektiv schützen zu können. So sind es nicht nur die schönen Preise, gestiftet vom NABU Bielefeld, die zum Weitermachen motivieren, sondern vor allem das geweckte Interesse an Insekten, deren Häufigkeit und Vielfalt in den vergangenen Jahren so drastisch zurückgegangen ist, für die es seit „Montreal“ aber wieder Hoffnung gibt.
2023 geht „Hexapoda“ an der Marienschule in die zweite Runde. Es wäre schön, wenn sich weitere Lehrerinnen und Lehrer fänden, die diesen Wettbewerb an ihrer Schule etablieren und begleiten möchten. Denn wir schützen nur das, was wir kennen.
Anregungen und Fragen gern an: monika.waldhelm@t-online.de.
Foto links: Den 1. Preis erhielten Leni Kelle, Lisa Alex, Florentine Amen (von links) und Johanna Wehrmann (nicht auf dem Bild).
Foto rechts: Den 2. Preis erhielten Diego Quaglia, Louisa Obermeyer, Zara Sonna und Alina Imke. Links im Bild: Jürgen Albrecht und Monika Waldhelm.